Dr. Josef Simbrunner

Das Linzer Theaterwesen von den Anfängen bis zur Gegenwart –
Ein kulturgeschichtlicher Streifzug
Das Stadt- oder "Wassertheater" als erstes öffentliches Bühnenhaus


Es war die Stadt, die nun – auf äußeren Anstoß hin – das Heft übernehmen und unter Kostenbeteiligung der auch auf die Wahrung ihres Einflusses bedachten Stände erstmals ein kommunales Theater mit geregeltem Spielbetrieb sowie fester Heimstatt ins Leben rufen sollte: Nach einem rigiden Zensurerlass Maria Theresias für die Stegreifkomödie und das Hanswurstspiel ging man 1752 auf mündlich hoche [sic] Verordnung an die Herstellung eines Comedihauses bei der Donau bzw. an die Umgestaltung des bey der Donau gelegenen ersten [Salz]-Stadls im alten „Theaterviertel“.

Wassertheater in LinzFoto: Das schlichte Quartier des städtischen "Wassertheaters" (1752-1786): der 1761/62 erweiterte erste Salzstadel an der Unteren Donaulände, hier in einer Ansicht aus 1741/42. Aus: F. Mayrhofer/W.Katzinger: Geschichte der Stadt Linz", 1990.

1761/62 vergrößert, weckte die erste öffentliche Linzer Bühne, das sogenannte Stadt- oder „Wassertheater“ im Bereich Zollamtstraße, unter ökonomischer und organisatorischer Führung der „Adeligen Theatersocietät“ respektive ihres Hauptexponenten J. Franz Achaz v. Stiebar mit teils anspruchsvolleren Programmen frische Publikumsbegeisterung; Reformer im Geist der Aufklärung und seit 1766 Pächter bzw. Entrepreneur des „Wassertheaters“, erreichte Stiebar, als absolute Novität, ständische Zuschussleistungen, deklariert als Subventionsgabe zur Erfüllung eines kulturpolitischen Auftrags.(15) So bot das „stehende Theater“ den Wandergruppen nach und nach Paroli; aus dem Dunkel der Unstetigkeit heraustretend, schickten sich Bühne und regelmäßiges Schauspiel an, zur fixen Komponente des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens zu werden. Hievon zeugen u. a. Erstaufführungen der Dramen Lessings, Goethes und Schillers als gefeierten Herolden klassischer Dichtung.(16) Mit Inbetriebnahme der Spielstätte am Strom war es in Linz auch sozialgeschichtlich zu einem Novum gekommen: Erstmals saßen Adel (wenngleich separiert in Logen) und Bürger (auf den hinteren Plätzen im Parterre sowie auf der oberen Galerie) gemeinsam unter ein- und demselben Theaterdach.

Dass das „Wassertheater“ mit seiner primitiven, hölzernen Unterkunft den Normen eines regulären Bühnenhauses nur sehr entfernt genügte, lag indes auf der Hand. 1774 beklagte die „Theatersocietät“ Missstände, zumalen … das … Theaterhaus bei übler Witterung sehr unbequem und bei selbem sich Baufälligkeiten an den Tag legen, welche anders als durch sehr große Unkosten nicht herzustellen sind. Ganz davon zu schweigen, dass der Raum desselben ein so beschränkter, dass zur notwendigen Aufbewahrung der Garderobe und der übrigen Theatralrequisiten [sic] kein hinlänglicher Raum vorhanden ist. So erfordert die Notwendigkeit, dass auf einen anderen anständigen Platz fürgedacht werde.

Schon ab 1773, dem Jahr der Ordensaufhebung unter Josef II., hätte das Stadttheater in den Steinbau des Jesuitentheaters (s. o.) übersiedeln können. Man behielt aber den, 1776 untermauerten, Holzbau bei, wo inzwischen wieder fahrende Ensembles für mehrere Jahre die Szene beherrschten. Ursache: die unterdessen befristet erfolgte Auflösung der – wegen angeblicher sittlicher Ausschweifungen bei Aufführungen des „Wassertheaters“ – 1774 in harschen Konflikt mit Maria Theresia geratenen „Theatersocietät“.17 (14)


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Schikaneder und Mozart im Stadttheater
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(14)   Mit diesem Eingreifen des Adels ins lokale Theatergeschehen auch zur „Verbesserung des Publikumsgeschmacks“ war für einige Zeit der erste „Linzer Theaterverein“ ins Dasein getreten. (Ihr schlichtes Quartier in einem Magazingebäude machte die städtische Bühne gelegentlich zur Zielscheibe medialen Spotts; die „Realzeitung“ von 1777 etwa bescheinigte dem „zweckentfremdeten Holzschuppen“ frappante Ähnlichkeit mit einer Fruchtscheuer.)
(16)   Für die Masse spielte man allerdings nach wie vor Stegreifstücke, Hanswurstiaden und aufwändig inszenierte Maschinenkomödien mit Flugwerk und Verkleidungen. Diese Konzession befriedigte die Schaulust und füllte die Kassen.
(17)   Belegt ist dieser Konflikt durch eine erhalten gebliebene, scharfe Verfügung der Kaiserin gegen die Linzer Theaterunternehmung.



Das Linzer Theaterwesen von den Anfängen bis zur Gegenwart – Ein kulturgeschichtlicher Streifzug

Einleitung
Grundlagen des Linzer städtischen
Bühnenwesens:

1) Theater für den kaiserlichen Hof
(ab 1500)

Das höfische Barocktheater
2) Das Schultheater der Stände
und der Jesuiten

Bürger- und Handwerkerspiele
3) Das Spiel der Wanderkomödianten
in den Bretterbuden

Theaterviertel für die breite Bevölkerung
Das Ständische Theaterviertel /
Reitschule und Ballhaus

Das Ständische Ballhaus
Das Ringen um einen repräsentativen
Theaterbau - Pläne und Rückschläge

Das Stadt- oder Wassertheater als
erstes öffentliches Bühnenhaus

Schikaneder u. Mozart im Stadttheater
Das Marionettentheater/Sommertheater
Das Ballhaus wird aufgestockt -
Redoutensaal und Casino entstehen

Das Ende des Städtischen Wasser-
theaters

Übergangslösung Redoutensaal
Das Projekt Landestheater
nimmt Gestalt an

Errichtung im Eiltempo
Erste Vorstellung am 4. Oktober 1803

Wechselhaftte Bilanzen
Verpasste Chancen /
die "Theaterkrise" von 1932
Unter brauner Flagge
Der Betrieg zur Nachkriegszeit
Weg zum "modernen Landestheater"
Das Musiktheater im Volksgarte
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OÖ Heimatblätter 2014 Heft 3/4Artikel aus:
OÖ. Heimatblätter
2014 Heft 3/4,
Beiträge zur OÖ. Landeskunde,
68. Jahrgang,
Hrsg.: Amt der
OÖ. Landesregierung,
Dir. Kultur